WiR in Klausur

Wenig zu lachen bei einem Haushaltsdefizit von mehr als 5 Mio. €
Wenig zu lachen bei einem Haushaltsdefizit von mehr als 5 Mio. €

 

Die Fraktionsvorsitzenden Dolores Koop und Jörg Wellmann hatten zur Klausurtagung ins Hotel "Bessunger Forst" eingeladen.

Am Samstag, den 3.2. traf sich die Fraktion zusammen mit einigen Mitgliedern des Vereins und unseren Vertretern im Gemeindevorstand zur ganztägigen Sitzung, um u.a. über den Haushaltsentwurf 2024 der Gemeinde zu beraten.


 

Als erstes begrüßte die Fraktion unser neues Fraktionsmitglied Ursula Schmuck, die ja bekanntlich zu WiR - Wir in Roßdorf gewechselt ist, in der Runde zum anstehenden Mammutprogramm.

 

Zunächst berieten und finalisierten die Fraktionsmitglieder unseren Antrag aus dem September 23, den WiR zur nächsten Gemeindevertretersitzung verändert einbringen werden. WiR werden dazu in Kürze berichten. Dies wurde zügig abgehandelt, um in die intensive Beratung zum Haushaltsentwurf einzusteigen. WiR hatten uns dazu in den letzten Wochen intensiv in das umfassende Werk eingearbeitet.

 

Schaut man zurück, welche Leistung die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung mit den unerledigten Jahresabschlüssen zurückliegender Jahre und der Ausarbeitung zum Haushaltsentwurf 2024 abgeliefert haben, muss außerordentliches Lob und Anerkennung an dieser Stelle ausgesprochen werden.

 

Es kam die Frage auf, ob wir einen Katalog mit Positionen benötigen, den wir als Streichliste abarbeiten. Da sämtliche Beschlüsse der Gemeindevertretung aus den vorherigen Jahren im Haushaltsentwurf eingearbeitet sind, wie z.B. Trinkbrunnen etc., sollte man sich auch diese Positionen anschauen.

 

Unsere Mitglieder aus der freien Wirtschaft richteten den Blick auf die großen Posten des Haushaltsentwurfes 2024 der ein aktuelles Defizit von 5,2 Mio. € ausweist und nicht mehr mit positiven Rücklagen aus den Vorjahren ausgeglichen werden kann.

 

Ausgaben:

Kreisumlage: 8,4 Mio. €

Schulumlage: 4,6 Mio. €

Dies sind Gelder, die der Landkreis einfordert und sind nicht verhandelbar. Der Landkreis Darmstadt-Dieburg hat bis dato auch keinen genehmigten Haushalt. Es steht hier zu befürchten, dass diese Umlagen eher weiter steigen werden.

 

Kindergärten: 7,1 Mio. €

Seit 2018, also seit 6 (!!) Jahren gab es hier keine Beitragserhöhungen, trotz gestiegener Kosten an allen Ecken und Enden, wie zuletzt Energie und Lohnsteigerungen. Die Kosten haben sich seit dem gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt und steigen von knapp 6 Mio. € in 2023 auf mehr als 7 Mio. € im neuen Jahr.

 

Personalkosten: 10,4 Mio. €

Die Steigerung dieser Kosten um fast 2 Mio. € sind überwiegend Tarifgebunden. Durch die Tariflohnsteigerungen im öffentlichen Dienst steigen auch hier in logischer Konsequenz die Kosten. Eine Reduktion ist durch die Gemeinde nicht möglich. 

 

Einnahmen:

Einkommenssteuer: 10,9 Mio. €
Zuweisungen nicht durch die Gemeinde beeinflussbar.

 

Umsatzsteuer: 806.000 €
Zuweisungen nicht durch die Gemeinde beeinflussbar.

 

Gewerbesteuer: 8,7 Mio. €
Nicht direkt beeinflussbar, somit auch nicht schön zu rechnen. Sicher würde rechnerisch eine Anhebung des Gewerbesteuermessbetrages eine Verbesserung bedeuten, aber am Ende ist es von den angesiedelten Unternehmen und deren wirtschaftlichem Erfolg abhängig, wieviel davon am Ende in der Gemeindekasse verbleibt.

 

Alle anderen Steuern: 125.000 €
Darin sind die Hundesteuer etc. enthalten.

 

Grundsteuer A: 125.000 €
Anpassung durch die Gemeinde möglich, aber das Steueraufkommen ist dafür für unbebaute und Ackerflächen gering und würde auch hier wieder in erster Linie die Landwirte treffen.

 

Grundsteuer B: 2,6 Mio. €

Hier steht die rechnerische Zahl von 1440 % Punkten, für einen ausgeglichenen Haushalt im Raum. Aktuell sind es 500 % Punkte Hebesatz. Bei einer rechnerischen Erhöhung des Grundsteuer B Hebesatzes auf 1440 Punkte, wäre bei unveränderter Ausgaben-Situation ohne jegliche Einsparbemühungen der Haushalt ausgeglichen.

 

Damit wäre die Kommunalaufsicht – die unseren Haushalt genehmigen muss – zufrieden und alle anderen Parteien könnten mit „wünsch dir was“ weitermachen. 

 

WiR sind der Meinung, dass keine der in der Gemeindevertretung anwesenden anderen Parteien das am Ende möchte. Wenngleich andere Kommunen im Landkreis keine andere Chance mehr hatten, als die Grundsteuer B zu erhöhen. Die Steigerungen sind teilweise schwindelerregend. Wollen wir uns da einfach so anschließen?

 

Auf der Einnahmenseite sollte vielleicht auch über die aktuelle Höhe der Hundesteuer, der Spielapparatesteuer und auch eine evtl. neue Zweitwohnungssteuer nachgedacht werden? Hierbei sind aber auf jeden Fall Kosten und Nutzen/Ertrag zu betrachten.

 

Neu und positiv sind auf der Einnahmenseite ca. 704.000 €, die Roßdorf für ca. 36 Hektar natürliche Waldentwicklung von 2023 bis 2043 erhalten wird. Für diesen klimaangepassten Wald gelten strenge Richtlinien. Mehr dazu in Kürze.

 

Von Seiten der anderen Fraktionen wurde der Bürgermeister aufgefordert, einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Laut HGO sei dies seine Aufgabe. Das ist sicherlich korrekt, doch letztlich ist der Bürgermeister mit den außerordentlich öffentlich tagenden Konsolidierungssitzungen des Haupt- und Finanzausschusses auf alle Fraktionen zugegangen, damit sich alle überlegen, was wir wo zum Beispiel einsparen können, wo sich Ausgaben verschieben lassen und wo man an der Einnahmenseite etwas verändern kann. Denn am Ende sitzen wir alle doch im gleichen Boot und können nicht die Verantwortung alleine der Verwaltung, dem Gemeindevorstand oder dem Bürgermeister aufbürden.

 

Also, wo sollen und können wir Kosten reduzieren? Wo könnte man noch Ausgaben auf die Folgejahre verschieben? Wo lässt sich noch Geld einsparen? Vielleicht einige der in den letzten Jahren gemachten Beschlüsse, die noch nicht umgesetzt sind und nicht zwingend und dringend notwendig sind, verschieben? Klingt vernünftig. Schauen wir uns mal die einzelnen Blöcke näher an:

 

Kommunale Pflichtaufgaben müssen erfüllt werden.

Dazu gehören Trinkwasserversorgung und Brandschutz. Der neu zu errichtende Trinkwasserbehälter wurde im Haushalt 2023 genehmigt und wird fortgeführt.

 

Straßensanierung ist ein diskutabler Punkt. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Seit mehreren Jahrzehnten wurde in die Infrastruktur nichts investiert, wie die Straßen zum Teil aussehen, müssen WiR hier nicht erwähnen.

 

Verkäufe von Grundstücken laufen nicht in den Haushalt, sondern in außergewöhnliche Rücklagen und helfen somit nicht bei der Haushaltssanierung. Das ist hessische Rechenweise. Gerne hätten WiR es anders.

 

Zukunftsprojekte, die jetzt angestoßen werden, helfen nicht im Haushalt 2024. Im Gegenteil, sie produzieren zunächst Kosten.

 

Planungskosten kann man sparen, wenn man die Projekte zeitlich nach hinten schiebt. Das würde jeder Unternehmer und Privathaushalt in Zeiten knapper Kassen erstmal tun!

 

Freiwillige kommunale Leistungen sind Ansatzpunkte für die Kommunalaufsicht. WiR erinnern: Bieten wir keine Lösungen an, bekommen wir Streichungen nicht angeboten, sondern von der Kommunalaufsicht auferlegt.

 

Hier dem Bürgermeister vorzuwerfen, dass er keine Ideen habe und nichts vorlege, ist zu kurz gedacht. Jeder der Gemeindevertreter ist gewählt, um dem Wohl der Bürger zu dienen. Somit ist auch jeder aufgefordert mitzuarbeiten.

 

WiR sind der Meinung, dass genau dies nun zu tun ist und hoffen auf die Bereitschaft der anderen Parteien, nicht den schwarzen Peter herumzureichen, sondern konstruktiv mitzuarbeiten. WiR sind dazu bereit.

 

Zum Abschluss hatten WiR auf der Tagesordnung den Punkt „erneuerbare Energien“. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit widmeten WiR uns nur kurz diesem Thema. Eine kommunale Wärmeleitplanung wurde allen Kommunen von der Bundesregierung aufs Auge gedrückt. Diese ist mit den Netzbetreibern angestoßen worden. Da hier noch keinerlei Details vorliegen, sollten wir uns den wesentlichen, aktuellen Problemen annehmen und auf dieses Thema aktuell keine Energie verschwenden. Zumal weitere WEA aktuell den Haushalt 2024 nur belasten und nicht entlasten würden.

 

Wolfgang Waschke & Matthias Monien

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Kommentare: 4
  • #1

    Günter Horst (Donnerstag, 08 Februar 2024 19:19)

    Ich sehe schon, da sitzen lauter Unternehmer. Und die beschliessen dann, nicht in neue Produkte (Windkraftanlagen) zu investieren, da ja diese zunächst nur den Haushalt belasten würde. Also - lieber investier ich nix, dann hab ich zukünftig auch keine Sorgen, was ich mit den Einnahmen anfangen soll.
    Glaubt ihr euch denn da noch selbst ?

  • #2

    Ulla Schmuck (Freitag, 09 Februar 2024 10:54)

    Erfolgreiche Unternehmer beleuchten nun mal die Dinge von allen! Seiten. Dann wird abgewogen, ob es Sinn macht oder nicht. Die einen sehen es so, die anderen kommen zu anderen Ergebnissen, weil sie vielleicht nicht so eingeschränkt recherchieren.

  • #3

    Matthias Monien (Freitag, 09 Februar 2024 12:26)

    Es geht darum den Haushalt 2024 zu beraten. Da muss gespart werden wo es nur geht und Roßdorf kann sich keine "Extrawürste" bei einem aktuellen Defizit von 5 Mio. € leisten. Und da gehört alles auf den Prüfstand.
    Und beim Thema WEA, interessant, ich dachte es geht hier doch immer nur um den Beitrag zum Klimaschutz bei Ihnen, jetzt anscheinend doch nur noch ums Geld.

  • #4

    Klaus Haber (Samstag, 10 Februar 2024 14:56)

    Moin,

    welche konkreten Vorschläge habt ihr?
    Habt ihr in Erwägung gezogen gegen die Erhöhung der Kreis-/Schulumlage zu klagen?
    Wie steht ihr zur Einführung einer Grundsteuer C?

    LG, Klaus